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Kirchengesetz
über das Verfassungs- und Verwaltungsgericht
der Bremischen Evangelischen Kirche
(Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsgesetz – VerfVwGG)

Vom 27. November 2024

(GVM 2024 Nr. S. )

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Abschnitt 1
Allgemeines

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§ 1
Errichtung des Gerichts

Für den Bereich der Bremischen Evangelischen Kirche wird ein kirchliches Verfassungs- und Verwaltungsgericht (Gericht) gebildet.
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§ 2
Anzuwendendes Recht

Soweit in diesem Kirchengesetz nichts anderes geregelt ist, findet das Verwaltungsgerichtsgesetz der EKD1# in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Für Verfahren in Verfassungssachen finden die Bestimmungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung entsprechende Anwendung.
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§ 3
Mitglieder

( 1 ) Die Mitglieder des Gerichts werden vom Kirchentag gewählt.
( 2 ) Die Mitglieder des Gerichts sollen bei Beginn der Amtszeit das 66. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
( 3 ) Die Mitglieder des Kirchentages und des Kirchenausschusses sowie Mitarbeitende der Kirchenverwaltung können nicht Mitglieder des Gerichts sein.
( 4 ) Das Gericht entscheidet in der Besetzung mit einem rechtskundigen vorsitzenden Mitglied, einem beisitzenden rechtskundigen Mitglied und einem beisitzenden ordinierten Mitglied.
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§ 4
Geschäftsstelle

( 1 ) Für das Gericht wird bei der Kirchenverwaltung eine Geschäftsstelle gebildet. Die Kirchenverwaltung stellt die erforderliche Personal- und Sachausstattung zur Verfügung.
( 2 ) Die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle werden von der oder dem Präses auf die gewissenhafte Ausübung ihres Amtes verpflichtet und über ihre Pflichten zur Verschwiegenheit besonders belehrt.
( 3 ) Die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle unterliegen bei ihrer Tätigkeit für das Gericht den Weisungen des vorsitzenden Mitglieds.
( 4 ) Die Kosten der Geschäftsstelle trägt die Bremische Evangelische Kirche.
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Abschnitt 2
Verfassungsgerichtsbarkeit

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§ 5
Zuständigkeit in Verfassungssachen

Das Gericht entscheidet in Verfassungssachen im ersten und letzten Rechtszug
  1. über die Auslegung der Verfassung aus Anlass von Meinungsverschiedenheiten zwischen Organen oder Teilen von Organen der Bremischen Evangelischen Kirche, die in der Verfassung2# oder der Geschäftsordnung des Kirchentages3# mit eigenen Rechten ausgestattet sind, über den Umfang ihrer Rechte und Pflichten (Organstreitverfahren);
  2. über die Vereinbarkeit eines Kirchengesetzes, einer Rechtsverordnung oder der Satzung einer kirchlichen Körperschaft mit der Verfassung (Normenkontrollverfahren).
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§ 6
Organstreitverfahren

( 1 ) Antragsberechtigt in Organstreitverfahren sind jede Gemeinde, mindestens zehn Mitglieder des Kirchentages, der Kirchenausschuss, die Kirchenpräsidentin oder der Kirchenpräsident sowie die in der Verfassung4# oder der Geschäftsordnung des Kirchentages5# aufgeführten Kirchentagsausschüsse. Der Antrag ist nur zulässig, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller geltend macht, durch eine Maßnahme oder Unterlassung der Antragsgegnerin oder des Antragsgegners in ihren oder seinen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet zu sein.
( 2 ) Der Antrag muss binnen sechs Monaten gestellt werden, nachdem die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung der Antragstellerin oder dem Antragsteller bekannt geworden ist. Im Antrag ist die verfassungsrechtliche Bestimmung zu bezeichnen, gegen die durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung verstoßen sein soll.
( 3 ) Das Gericht stellt in seiner Entscheidung fest, ob die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung gegen eine Bestimmung der Verfassung6# verstößt. Die Bestimmung ist zu bezeichnen. Das Gericht kann in der Entscheidungsformel zugleich eine für die Auslegung der Bestimmung erhebliche Rechtsfrage entscheiden, von der die Feststellung nach Satz 1 abhängt.
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§ 7
Normenkontrollverfahren

( 1 ) Antragsberechtigt in Normenkontrollverfahren sind jede Gemeinde, mindestens zehn Mitglieder des Kirchentages und der Kirchenausschuss. Der Antrag ist nur zulässig, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller eine Rechtsnorm eines Kirchengesetzes, einer Rechtsverordnung oder der Satzung einer kirchlichen Körperschaft
  1. wegen ihrer förmlichen oder sachlichen Unvereinbarkeit mit der Verfassung7# für nichtig hält oder
  2. für gültig hält, nachdem ein kirchliches Organ oder die Kirchenverwaltung sie als unvereinbar mit der Verfassung8# nicht angewendet hat.
( 2 ) Hält das Gericht in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine anzuwendende Rechtsnorm eines Kirchengesetzes, einer Rechtsverordnung oder der Satzung einer kirchlichen Körperschaft für unvereinbar mit der Verfassung9#, so entscheidet es über die Frage der Verfassungsmäßigkeit in einem gesonderten Verfahren. Hält ein anderes Kirchengericht der Bremischen Evangelischen Kirche eine anzuwendende Rechtsnorm eines Kirchengesetzes, einer Rechtsverordnung oder der Satzung einer kirchlichen Körperschaft für unvereinbar mit der Verfassung10#, so ist es zur Vorlage verpflichtet. Die Begründung des Vorlagebeschlusses muss angeben, inwiefern die Entscheidung von der Gültigkeit der Rechtsnorm abhängig sein soll und mit welcher übergeordneten Rechtsvorschrift die anzuwendende Rechtsnorm unvereinbar sein soll; die Verfahrensakten sind beizufügen. Das Gericht entscheidet nur über die Frage der Verfassungsmäßigkeit.
( 3 ) Kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass eine Rechtsnorm eines Kirchengesetzes, einer Rechtsverordnung oder der Satzung einer kirchlichen Körperschaft mit der Verfassung11# nicht vereinbar ist, so stellt es in seiner Entscheidung die Nichtigkeit dieser Rechtsnorm fest. Sind weitere Rechtsnormen desselben Kirchengesetzes, derselben Rechtsverordnung oder derselben Satzung aus denselben Gründen mit der Verfassung12# nicht vereinbar, so kann sie das Gericht ebenfalls für nichtig erklären. Die Entscheidung des Gerichts hat Gesetzeskraft; die Entscheidungsformel ist nach Eintritt der Rechtskraft im Amtsblatt der Bremischen Evangelischen Kirche zu veröffentlichen.
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Abschnitt 3
Verwaltungsgerichtsbarkeit

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§ 8
Zuständigkeit in Verwaltungssachen

Das Gericht entscheidet in Verwaltungssachen im ersten Rechtszug.
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§ 9
Vorverfahren

( 1 ) Ein Vorverfahren ist auch bei Leistungsklagen und Feststellungsklagen durchzuführen.
( 2 ) Ein Vorverfahren ist auch bei Entscheidungen des Kirchenausschusses durchzuführen.
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Abschnitt 4
Übergangs- und Schlussbestimmungen

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§ 10
Übergangsbestimmung

( 1 ) Die erste Amtszeit des Gerichts beginnt am 1. Juli 2025.
( 2 ) Bis zum 30. Juni 2025 nimmt das Verwaltungsgericht der Bremischen Evangelischen Kirche die Aufgaben des Gerichts wahr.
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§ 11
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Januar 2025 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt das Ausführungsgesetz zum Verwaltungsgerichtsgesetz der EKD vom 25. Mai 2011 (GVM 2011 Nr. 1 S. 170), das durch Artikel 1 des Kirchengesetzes zur Änderung kirchengerichtsverfahrensrechtlicher Regelungen vom 19. Mai 2021 (GVM 2021 Nr. 1 S. 95) geändert worden ist, außer Kraft.

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1 ↑ Nr. 11.105.
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2 ↑ Nr. 1.100.
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3 ↑ Nr. 1.110.
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4 ↑ Nr. 1.100.
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5 ↑ Nr. 1.110.
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6 ↑ Nr. 1.100.
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7 ↑ Nr. 1.100.
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8 ↑ Nr. 1.100.
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9 ↑ Nr. 1.100.
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10 ↑ Nr. 1.100.
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11 ↑ Nr. 1.100.
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12 ↑ Nr. 1.100.