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Kirchengesetz
zur Förderung des Klimaschutzes
in der Bremischen Evangelischen Kirche
(Klimaschutzgesetz – KlSchG)

Vom 24. Mai 2023

(GVM 2023 Nr. 2 S. 2)

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Präambel

Klimaschutz ist ein wichtiger Bestandteil des kirchlichen Auftrags. Dieser begründet sich aus der Verantwortung des christlichen Glaubens zur Bewahrung der Schöpfung und der Wahrung der Lebensrechte aller Menschen, der gegenwärtigen ebenso wie der zukünftigen Generationen.
Die Bremische Evangelische Kirche tritt in ihrer Gesamtheit für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung ein und sieht sich vor diesem Hintergrund in der Verpflichtung, ihren Beitrag zum Schutz des Klimas und der Bekämpfung der nachteiligen Folgen des Klimawandels zu leisten.
Der Klimawandel erfordert für unser kirchliches Handeln im Wesentlichen zwei Schwerpunkte: zum einen die Begrenzung der Folgen des Klimawandels durch Klimaschutzmaßnahmen, zum anderen den Umgang mit den schon jetzt unvermeidlichen Folgen des Klimawandels.
Dieses Kirchengesetz trägt zu diesen Bemühungen bei, indem es das Klimaschutzziel der Bremischen Evangelischen Kirche festlegt und rechtliche Voraussetzungen dafür schafft, Klimaschutzmaßnahmen zu erarbeiten, zu überprüfen, über sie zu berichten und weiterzuentwickeln.
Die Bremische Evangelische Kirche möchte damit auch zu den nationalen und internationalen Anstrengungen beitragen, die Klimaschutzziele des Pariser Abkommens zur Begrenzung der Erderwärmung zu erreichen.
Klimaschutz soll elementarer Bestandteil allen kirchlichen Handelns sein.
Darüber hinaus trägt dieses Kirchengesetz zum Verständnis von Klimagerechtigkeit bei, indem es diesbezügliche Bildungs- und Beratungsarbeit fördert und auf die weltweiten klimabezogenen Probleme, insbesondere des globalen Südens, hinweist. Hierzu sollen auch die vielfältigen internationalen Partnerschaften der Gemeinden der Bremischen Evangelischen Kirche sowie die Zugehörigkeit der Bremischen Evangelischen Kirche zur Norddeutschen Mission herangezogen werden.
Den Gemeinden, den gesamtkirchlichen Einrichtungen und der Kirchenkanzlei kommt beim Klimaschutz und der Erreichung der Klimaschutzziele eine herausragende Bedeutung zu.
Über dieses Klimaschutzgesetz hinaus muss der dauerhafte Umgang mit den weltweiten Folgen des Klimawandels zukünftig in der Bremischen Evangelischen Kirche diskutiert und adressiert werden.
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§ 1
Zweck des Kirchengesetzes, Klimaschutzziel

( 1 ) Dieses Kirchengesetz legt das Klimaschutzziel für die Bremische Evangelische Kirche fest und regelt wesentliche Forderungen für eine effiziente Gebäudenutzung, die energetische Optimierung von Gebäuden oder einen Wechsel des Energieträgers oder der Energiequelle oder eine Kombination aus mehreren Maßnahmen.
( 2 ) Die Treibhausgasemissionen der Bremischen Evangelischen Kirche sollen bilanziell bis zum Jahr 2035 um mindestens 90 % gegenüber dem Jahr 2023 gesenkt werden, bis spätestens 2045 auf null (CO-Neutralität). Dabei kommt der Verminderung des Energieverbrauchs durch Bedarfsreduktion, durch effiziente Nutzung und Speicherung von Energie sowie durch die Nutzung erneuerbarer Energien besondere Bedeutung zu.
( 3 ) Treibhausgasemissionen der Bremischen Evangelischen Kirche im Sinne dieses Kirchengesetzes sind Emissionen von Kohlenstoffdioxid (CO), Methan (CH), Distickstoffmonoxid (NO), Fluorkohlenwasserstoffen (H-FKW/HFC), perfluorierten Kohlenwasserstoffen (FKW/PFC) und Schwefelhexafluorid (SF), die durch die Bremische Evangelische Kirche verursacht werden.
( 4 ) Die Treibhausgasemissionen werden gemäß ihrer Treibhausgaspotentiale in CO-Äquivalente (COe) umgerechnet.
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§ 2
Klimaschutzplan

( 1 ) Der Kirchentag beschließt einen Klimaschutzplan, der die wesentlichen Zwischenziele, Strategien und Vorschläge für Maßnahmen zur Erreichung des Klimaschutzziels nach § 1 benennt. Über die zu ergreifenden Maßnahmen entscheidet die jeweilige Gemeinde, die jeweilige gesamtkirchliche Einrichtung oder die Kirchenkanzlei.
( 2 ) Der Klimaschutzplan enthält insbesondere folgende Elemente:
  1. Festlegung jährlicher Zwischenziele zur Reduktion der Gesamtmenge von emittierten Treibhausgasen für die Bereiche Gebäude, Mobilität und Beschaffung;
  2. Ermittlung und Darstellung der Emissionsbeiträge und der Einsparpotentiale für die Bereiche Gebäude, Mobilität und Beschaffung;
  3. Vorschläge für Maßnahmen, durch die die Zwischenziele in den Bereichen Gebäude, Mobilität und Beschaffung erreicht werden sollen;
  4. Vorschläge für die Kompensation von CO-Emissionen;
  5. Vorschläge für die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu Klimaschutz und Klimagerechtigkeit.
( 3 ) Der erste Klimaschutzplan wird für den Zeitraum der Jahre 2024 bis 2028 beschlossen.
( 4 ) Der Klimaschutzplan ist durch Beschluss nach Absatz 1 spätestens nach Ablauf von sechs Jahren fortzuschreiben.
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§ 3
Finanzierung

( 1 ) Die Gemeinden sollen ab dem Haushaltsjahr 2024 mindestens 1 % der Schlüsselzuweisung für Klimaschutzzwecke verwenden. Die Bremische Evangelische Kirche ist verpflichtet, ab dem Haushaltsjahr 2024 mindestens einen Betrag in Höhe von 1 % der Netto-Kirchensteuereinnahmen des Vorjahres für Klimaschutzzwecke zu verwenden; dieser Betrag kann auch über eingeworbene Fördergelder erzielt werden. Die Gemeinden können die von ihnen für Klimaschutzzwecke allokierten Finanzmittel für bis zu fünf Jahre bündeln, um effiziente Maßnahmen durchzuführen.
( 2 ) Klimaschutzzwecke im Sinne des Absatzes 1 sind insbesondere:
  1. die Förderung von Maßnahmen, insbesondere Baumaßnahmen, der Bremischen Evangelischen Kirche und ihrer Gemeinden, der gesamtkirchlichen Einrichtungen und der Kirchenkanzlei, die den Energiebedarf oder die CO-Emissionen reduzieren oder die Energieeffizienz steigern;
  2. die konsequente Nutzung des Energiecontrollings („Grünes Datenkonto“) sowie eines Klimaschutzmanagements in den Bereichen Gebäude, Mobilität und Beschaffung;
  3. Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zur Schöpfungsbewahrung hinsichtlich Klimaschutz und Klimagerechtigkeit.
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§ 4
Aufgaben der Gemeinden, der gesamtkirchlichen Einrichtungen
und der Kirchenkanzlei

( 1 ) Den Gemeinden der Bremischen Evangelischen Kirche, den gesamtkirchlichen Einrichtungen und der Kirchenkanzlei kommt aufgrund der Nutzung kirchlicher Gebäude eine besondere Bedeutung und Verantwortung für den Klimaschutz zu.
( 2 ) Die Gemeinden, die gesamtkirchlichen Einrichtungen und die Kirchenkanzlei erheben regelmäßig, in der Regel monatlich, die Verbrauchsdaten ihrer dem Energiecontrolling unterliegenden Gebäude nach § 3 Absatz 2 Nummer 2 und wirken darauf hin, dass der Energiebedarf und die CO-Emissionen reduziert oder die Energieeffizienz der kirchlichen Gebäude gesteigert wird.
( 3 ) Es ist zu prüfen, welche kirchlichen Gebäude für die Arbeit der Gemeinden, der gesamtkirchlichen Einrichtungen und der Kirchenkanzlei notwendig und sinnvoll nutzbar sind und welche abgegeben werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit insbesondere ältere Gebäude in sinnvollem Umfang energetisch saniert werden können.
( 4 ) Die Kirchenkanzlei, insbesondere die Bau- und Grundstücksabteilung, ist verpflichtet, die Gemeinden bei der Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen in den Bereichen Gebäude und Energie zu unterstützen.
( 5 ) Das Evangelische Bildungswerk Bremen sowie der Stabsbereich Kommunikation erbringen die notwendige Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und entwickeln Angebote zur Fortbildung von haupt-, neben- und ehrenamtlich Mitarbeitenden im Bereich Energiecontrolling und Klimaschutzmanagement.
( 6 ) Die Koordinierung und Begleitung der Maßnahmen erfolgt durch eine hauptamtliche Klimamanagementstelle in der Kirchenkanzlei.
( 7 ) Der Kirchentag der Bremischen Evangelischen Kirche wird jährlich über den aktuellen Stand und die erwartete Entwicklung der Treibhausgasemissionen informiert.
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§ 5
Förderung klimafreundlicher Heiztechnologie, Nutzung erneuerbarer Energien,
energetische Gebäudesanierung, Maßnahmen an Grundstücken

( 1 ) Der Einbau von Heizungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, oder der Anschluss an ein Wärmeversorgungsnetz, bei dem die Wärmeversorgung auf der Nutzung fossiler Brennstoffe beruht, soll nicht mehr durchgeführt werden. Der Kirchenausschuss kann Ausnahmen zulassen.
( 2 ) Der Austausch von Heizungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, wird durch die gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2 für Klimaschutzzwecke zu verwendenden Finanzmittel gefördert. Als klimafreundliche Heizungstechnologien gelten insbesondere:
  1. in Kirchen und Kapellen Sitzbankheizungen, die darauf ausgelegt sind, nur während der jeweiligen Veranstaltung genutzt zu werden, anstelle eines das gesamte Gebäude aufheizenden Systems;
  2. Bezug der Heizwärme über Wärmenetze, die ganz oder überwiegend mit erneuerbaren Energien betrieben werden;
  3. Solarthermie- und Photovoltaikanlagen;
  4. Wärmepumpen in Kombination mit der Nutzung von Umweltenergien und Ökostrom.
( 3 ) Alle kirchlichen Einrichtungen beziehen schnellstmöglich, ideal bereits zum 1. Juli 2023, spätestens jedoch zum 1. Juli 2024, ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien. Der Kirchenausschuss kann in Zusammenarbeit mit dem Finanzausschuss und der Klimaschutzkommission Rahmenverträge mit entsprechenden Anbietern aushandeln, die von den kirchlichen Einrichtungen genutzt werden können.
( 4 ) Eine Nutzung von Regenwasser für Toilettenspülung sowie der Versorgung von kirchlichen Liegenschaften, insbesondere Friedhöfen, ist anzustreben.
( 5 ) Die energetische Sanierung von Gebäuden mit dem Ziel, einen Niedrigenergie- oder Passivhausstandard zu erreichen, wird ebenfalls aus den gemäß § 3 Absatz 1 Satz 2 für Klimaschutzzwecke zu verwendenden Finanzmitteln gefördert. Als zu erreichender Standard wird festgelegt:
  1. Bestandsgebäude, die nicht unter Denkmalschutz fallen und nicht dem Gottesdienst oder anderen religiösen Zwecken dienen, sollen den für Neubauten definierten Standard der Energieeinsparverordnung von 2016 erfüllen;
  2. Bestandsgebäude, die unter Denkmalschutz fallen und nicht dem Gottesdienst oder anderen religiösen Zwecken dienen, sollen den für das Referenzgebäude definierten Standard der Energieeinsparverordnung von 2016 zuzüglich 60 % beim Primärenergiebedarf bzw. 75 % bei den Transmissionswärmeverlusten erfüllen;
  3. Neubauten sollen als Passivhäuser ausgeführt werden und sollen in der Regel keine klassische, wassergeführte Gebäudeheizung benötigen. Der maximale Heizwärmebedarf darf 15 kWh/(m² a), der maximale Primärenergiebedarf inklusive Haushaltsstrom 120 kWh/(m² a) nicht überschreiten.
Gebäude, die dem Gottesdienst oder anderen religiösen Zwecken dienen, sind von den vorstehend genannten Standards und der Energieeinsparverordnung ausgenommen. Sofern eine Beheizung gemäß Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 nicht installiert ist, soll bei diesen Räumen der für Neubauten definierte Standard der Energieeinsparverordnung von 2016 angestrebt werden. Ist dies baubedingt mit vertretbaren Mitteln nicht zu erreichen, muss die Solltemperatur abgesenkt werden.
( 6 ) Es sollen Maßnahmen an Grundstücken zur Begrenzung der Folgen des Klimawandels umgesetzt werden, insbesondere Maßnahmen zur Steigerung der Hitze-Resilienz (gezielte Baumpflanzung, Dachbegrünung, Verschattungsmöglichkeit an besonders exponierten Gebäudeteilen) und Maßnahmen zum Schutz vor Starkregen (Anlage von Überflutungsflächen, Dachbegrünung, Entsiegelung von gepflasterten Flächen).
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§ 6
Mobilität, Beschaffung

( 1 ) Bei Reisetätigkeiten im kirchlichen Auftrag sollen möglichst der Öffentliche Personenverkehr, das Fahrrad und andere Leichtfahrzeuge genutzt werden. Personenkraftwagen sollen mit Elektroantrieb ausgestattet sein. Auf Verbrennungsmotoren soll bei Neuanschaffungen möglichst verzichtet werden; sofern dies dennoch erfolgt, soll die Einhaltung der neuesten EU-Grenzwerte erreicht werden. Eine Nutzung von Flugzeugen ist zulässig, wenn dies unvermeidbar ist.
( 2 ) Die „Beschaffungsordnung zur öko-fairen Beschaffung in den zentralen Einrichtungen der Bremischen Evangelischen Kirche“ wird regelmäßig aktualisiert. Die Kirchenkanzlei setzt geeignete Maßnahmen um, damit die Gemeinden diese Richtlinien erfüllen können.
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§ 7
Inkrafttreten, Folgemaßnahmen, Überprüfungsauftrag

( 1 ) Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Juli 2023 in Kraft.
( 2 ) Der Kirchenausschuss wird beauftragt, gemeinsam mit der Klimaschutzkommission weitere Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz, insbesondere in den Bereichen Gebäude, Mobilität und Beschaffung, zu entwickeln und dem Kirchentag jährlich über den Fortgang zu berichten.
( 3 ) Der Kirchenausschuss wird beauftragt, die Umsetzung und Auswirkung des Kirchengesetzes spätestens alle drei Jahre zu evaluieren und dem Kirchentag im Folgejahr darüber zu berichten.